Tagträume
Meine Erkenntnis: Wenn du Leute magst, besuche National Parks. Wenn du dich lieber in der Natur verlierst, suche nach State Parks. Nun bin ich noch immer einen Tick zu früh, um den Peak der Blätterverfärbungen erwischt zu haben. Und mit relativ unsicherem Wetter in der Grossregion gestaltet sich meine geliebte Suche nach den Farben des Herbstes ein ganzes Stück schwieriger als in Maine. Schliesslich aber finde ich da und dort die gewünschten Farbkompositionen. In zwei Stateparks von Wisconsin, die an den Lake Michigan angrenzen.
Für das Personal ist die Saison vorbei, die Cafés und Nature Centers sind grösstenteils schon geschlossen, die Parkplätze sind praktisch leer. Man mag sich vorstellen, wie rege der Betrieb hier im Sommer gewesen sein muss – Quasi als Lokalstrand der Region. Jetzt aber, wo die Farben meines Erachtens am schönsten sind, verschlägt es offensichtlich nur noch einzelne Spaziergänger hierhin.
Beim kleinen Leuchtturm ist noch Betrieb. Ich buche die Führung für 5 Dollar und mache eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert, als man es als Leuchtturmwärter mit Frau und sieben Kindern auf relativ engem Raum doch zu einem mittelständischen Lebensstil bringen konnte. Weil die Familie hier doch etwas abgelegen lebte, lud sie regelmässig befreundete Leute aus der Umgebung zur Klaviervortragsübungen ein. Das Original-Piano von damals ist noch erhalten, ebenso zahlreiche Möbel und weitere Gegenstände.
Mit Rachel hatte ich, in ihrem Statepark natürlich, ein altes Farmhaus besucht und mir mittels Küchenschürze und Teppichklopfer versucht ein Bild von jener Zeit zu machen. Die Historie einer Gegend scheint hier also durchaus auch zum Lehrauftrag von Naherholungsgebieten zu gehören.
Ich setze meine Aneinanderreihung von kleinen Wanderungen fort und verliere mich in Gedanken und Ideen, die mithilfe der Farben und Sonneneinwürfen gar leicht zu ausgewachsenen Tagträumen werden.